CruiseStart im Gespräch mit Hotelmanager Knut Breidenbach
Während unserer Donausonate hat sich der Hotelmanager Knut Breidenbach Zeit genommen und auf unsere Fragen geantwortet. Zu den Themen gehörten u.a. Niedrigwasser, Schiffsversorgung, Müllvermeidung und Crew-Building. Seid gespannt auf offene Antworten zu Themen, welche Kreuzfahrtgäste bewegen.
CS: Wie lange sind die Crew-Mitglieder an Bord?
KB: Im Schnitt sind sie die gesamte Saison an Bord. Das heißt Anfang März kommen die KollegenInnen und bleiben bis zum Saisonende, Anfang November. In diese Zeit fällt auch ihr Urlaub, welchen sie im Block nehmen oder auch über die Saison verteilen können. Damit sind dann die Urlaubsansprüche bis zum Winter ausgeglichen.
Aktuell gewähren wir jedem Crewmitglied pro Monat einen weiteren freien Tag. Aus diesem Grund haben wir je Abteilung einen Crew-Member mehr an Bord, um hier eine Rotation zu gewährleisten. Das macht sich durchaus positiv bemerkbar. So wissen die KollegenInnen, dass jeder mal einen Tag in Wien, Dürnstein oder Budapest frei hat und somit nicht auf einen Ort festgelegt ist. Diese planbare Freizeit ist gut für die Motivation und wir sind auch gehalten dieses so durchzuziehen. So hatte z. B. eine Kollegin in Budapest ihren freien Tag und hat sich dort mit ihren Eltern und Freunden getroffen. Am Abend war sie dann wieder an Bord.
Herausforderung Niedrigwasser
CS: Wie seid ihr im letzten Jahr mit dem Niedrigwasser umgegangen?
KB: Mit vielen Schweißausbrüchen (lacht). Niedrigwasser ist natürlich stets ein Thema und wir werden schauen, wie sich die Saison entwickelt, denn es regnet jetzt schon viel zu wenig. Im letzten Jahr war es insofern eine Herausforderung, da wir stets nur kurzfristig reagieren konnten. Es war natürlich unser Bestreben das Schiff so lange als möglich im Wasser zu halten, fahren zu lassen. Auf die Parameter die drum herum waren, hatten wir aber natürlich keinen Einfluss.
So stand immer die Frage im Raum, können wir jetzt weiterfahren und wenn ja, kommen wir auch wieder zurück oder stehen wir plötzlich irgendwo in der Pampa? Stehen wir in Wien, kommen wir weiter bis Bratislava. Stehen wir in Bratislava, kommen wir weiter bis Budapest? Was ist im Falle eines Falles, wenn wir komplett einstellen müssen? Es war also sehr herausfordernd. Manche Reisen konnten nicht komplett durchgeführt werden.
Letztendlich mussten auch einzelne Reisen ganz abgesagt werden. Das ist dann natürlich die letzte Konsequenz wo Reiseveranstalter und Reederei sagen: Bis hier hin und nicht weiter.
Herausforderung Versorgung
Für mich war die Versorgung eine Herausforderung. Dort wo wir Ware hinbestellt hatten, musste umgeleitet werden, da die Anlegestellen nicht angelaufen werden konnte. Wir mussten dann schauen, wo bekommen wir Obst und Gemüse her, welches ursprünglich für einen anderen Hafen geordert war. Woher bekomme ich nun alles andere geliefert? Betroffen ist die gesamte Versorgung, vom Rinderfilet bis zum Zahnstocher. Irgendwie muss alles an Bord. Da kamen viele Fragen auf. Wo kann ich unterwegs ggf. noch zukaufen? Ist noch ein anderes Schiff vor Ort? Oder wo kann ich innerhalb der Sea Chefs Flotte austauschen?
Wie bekomme ich bei Crew-Wechsel die Mannschaft an Bord, wenn wir nicht dort sind, wo wir sein sollten? Ja, es war nicht unbedingt so, dass man sagen kann, es war ein Spaziergang. Aber Gott sei Dank hat die Crew mitgezogen und wusste was los ist. So wurden die Gäste, wenn sie von einem Ausflug zurückkamen, trotzdem mit einem Welcome-Back Drink begrüßt. Das Abendessen servierten wir dann auch mal zwei Stunden später, weil es einfach nicht anders ging.
Das sind die Dinge, die wir machen können. Der Rest? – Wir müssen einfach so flexibel reagieren, dass es passt. Anders geht es nicht.
CS: Durch die Staustufen sollten sich die Wasserstände doch aber halten, bevor der Fluss auf extremes Niedrigwasser geht – oder?
KB: Jein – von Passau bis Wien geht es im Großen und Ganzen gut. Von Wien bis Bratislava besteht schon das erste Hindernis, obwohl wir dort noch im gestauten Bereich sind. Der Abstand zwischen den Schleusen ist schon sehr groß. Wir haben Niedrigwassergebiete bereits in der Wachau, wo der Zustand der Fahrrinne schon extremst ist. Die Fahrrinne wird sehr eng und im Uferbereich sieht man, dass das Flussbett felsig ist. Wir haben dann nicht mehr die nötige Wassertiefe.
Es gab auch Behördeneinschränkungen, dass gewisse Abschnitte nur bei Tageslicht befahren werden durften. Bei Nacht und Nebel bestand Fahrverbot. Das sind dann natürlich Dinge, die den Fahrplan beeinflussen. Selbst wenn wir wussten, dass der Wasserstand für uns noch reichte, mussten wir den Anweisungen der Behörden folgen. Da wir laut Plan den Abschnitt nachts befahren wollten, hieß es für uns warten. Es waren Fahrpläne, die wir nicht kannten und nicht planen konnten. Budapest war teilweise gesperrt.
Selbst wenn wir dann fahren konnten, wussten wir nicht, ob das Anlegen möglich war. Wenn die Steiger bereits auf dem Kiesbett liegen ist dort für ein Schiff kein Platz mehr.
CS: Für die nautische Besatzung ist es wichtig den Fluss zu kennen. Der Kreuzfahrtleiter muss die Destination kennen. Wie sieht es bei der Hotel-Crew aus?
KB: Für mich als Hotelmanager ist es schon relevant. Ich muss wissen, wo ich Waren aufnehmen oder den Müll entsorgen kann? Wie kann ich bei Verspätungen umdisponieren? Die Rennstrecke Passau -Budapest ist relativ einfach, denn es gibt genügend Anlaufpunkte. Mit Sicherheit muss man den Fluss kennen, wenn es weiter Richtung Schwarzes Meer geht. Hier gibt es Abschnitte, auf denen man fünf Tage nichts zukaufen kann. Dort sollte man seine Hausaufgaben gemacht haben.
CS: Zum Thema Müll – viele Reedereien sprechen über Müllvermeidung, z.B. bei Plastikstrohhalmen. Ist das bei Sea Chefs auch ein Thema?
KB: Ja, wir diskutieren und handeln auch schon. Wenn wir jetzt die Firma Sea Chefs betrachten, auf den Hochseeschiffen, gerade was TUI angeht, ist das ein Thema und dort sind sie glaube ich auch schon runter. Auch viele US Reedereien wollen keine Plastikstrohhalme mehr. Für mich, auf der MS Amelia, fahre ich die Altbestände runter und es wird aktuell auch nichts nachbestellt. Danach werden wir schauen wie es weiter geht.
Letztendlich ist es auch eine Kommunikation zum Gast, zu erklären, warum es keine Strohhalme mehr gibt. Es wird dann sicher die Reaktion kommen: „Zum Cocktail gehört ein Strohhalm!“ Es gilt dann zu überlegen, welche Alternativen eingeführt werden. Wichtig bleibt es jedoch zu vermitteln, dass wir Müll vermeiden wollen. Hier gibt es mit Sicherheit noch ziemliches Potential. Das beginnt schon beim Biomüll, den wir nicht einfach in die Donau kippen können.
In der Küche gibt es das sogenannte Krokodil, welches Speisereste zu einer Trockenmasse auspresst, bevor es in die blauen Tonnen kommt. Von diesen Tonnen haben wir 20 Stück an Bord. Aufgrund der Hygienevorschriften fällt dieser Müll leider an, denn was einmal auf dem Buffet stand, ist zu entsorgen. Beim Thema Fisch haben wir uns entschieden, ihn frisch von der Karte anzubieten, damit wir weniger Abfall haben.
Was können wir weiter beim Frühstück vermeiden? Hier sind wir gerade am experimentieren. Natürlich ist die Butter immer noch verpackt und das wird nach jetzigem Stand auch so bleiben. Doch muss auch die Streichwurst einzeln verpackt sein? Kann sich der Gast den Honig nicht aus dem Spender in Schälchen abfüllen? Sollte das Schälchen dann essbar sein oder doch aus Glas, wobei letzteres wieder gespült werden muss?
Bei vielen Themen, die wir gerade angehen, beobachten wir sehr genau die Reaktion der Gäste. Das Frühstück war hier nur ein Beispiel. Wir haben jede Woche ca. 200 Gäste hier und in der Summe fällt schon sehr viel Müll an.
CS: Das ist sicher ein riesen Feldversuch für Sea Chefs und vor allem muss auch die Akzeptanz der Gäste getestet werden. Doch dieses findet wohl eher auf den Hochseeschiffen statt?
KB: Nein, nicht unbedingt. Der Fluss ist hier genauso relevant. Vielleicht sogar noch mehr, weil der Gast ja sieht wie der Müll in den Häfen an Land gelangt, nicht abgeschottet von Terminals, wie in der Hochsee, wo diese Vorgänge doch eher im Verborgenen stattfinden.
Manche Gäste fragen auch ganz offensiv danach, wie wir Müll vermeiden. Das sind schon Dinge, welche die Gäste beobachten und aus diesem Grund bei uns ständig auf der Agenda stehen.
Im letzten Jahr gab es am Buffet noch Bierwurst und Leberwurst einzeln verpackt. Braucht man das? In diesem Jahr kann es sich jeder selbst portionieren und wir haben positive Resonanzen.
Diätmarmelade – Ich hatte mich gerade mit einer Dame unterhalten, welche mir bestätigte, so etwas braucht man nicht. Selbst Diabetiker können hierauf verzichten, denn wenn man eingestellt ist, weiß man was man darf und braucht.
Da ist mit Sicherheit noch Luft. Das Thema wird nicht bei den Strohhalmen enden. Da haben wir bei Sea Chefs die Freiheiten diese Dinge auszuprobieren und unsere Erfahrungen auszutauschen.
Müll ist auf Hochsee und dem Fluss genauso ein Thema wie an Land.
CS: Werden Lebensmittel vor Ort, regional eingekauft?
KB: Jein – Es ist sowohl, als auch. Diese Problematik haben wir im Bereich Hochsee auch. Die Gäste fragen uns, warum die Butter unbedingt aus Deutschland kommen muss. Wir brauchen natürlich gleichbleibende Qualität. An vielen Orten gibt es nicht die ausreichenden Mengen, welche wir benötigen. Was vorhanden ist, genügt nicht den Ansprüchen des Caterings. Ich bekomme nicht mal eben 1.800 Eier in Costa Rica. So viel Hühner gibt es nicht vor Ort. Ein Hochseeschiff benötigt diese Menge pro Tag, wobei wir hier auf dem Fluss damit eine Woche auskommen.
Da muss man einfach zentral einkaufen, was natürlich auch eine Kostenfrage ist. So betreibt Sea Chefs hier auf dem Fluss 38 Schiffe, Tendenz steigend. Im Vordergrund steht aber die gleichbleibende Qualität und die Verfügbarkeit über die gesamte Saison.
Wir haben z.B. in diesem Jahr eine neue Weinkarte, in der auch regionale Weine aus Österreich und Ungarn, vertreten sind. Doch auch wenn die Gäste diese Weine probieren, wechseln sie rasch wieder auf die Klassiker. Was in der Region angebaut wird und wir benötigen, wird auch hier eingekauft. Dafür haben wir auf unserer Strecke zwei Lieferanten.
Als Beispiel mag das ungarische Abendessen dienen, dessen Zutaten tatsächlich aus Budapest stammen. Marillen, Spargel und Pfifferlinge sind weitere Beispiele, die saisonabhängig aus der Region stammen. Die Masse wird jedoch zentral eingekauft und ans Schiff geliefert, damit wir die Qualität halten können.
CS: Welche Strecke bist Du bisher am liebsten gefahren?
KB: Es ist natürlich schön, wenn man zu Hause fährt, Stromkilometer 799 am Rhein. Aus persönlichen Gründen hat die Heimstrecke den Vorteil, dass man sie sehr gut kennt und es auch einfacher ist Besuch zu bekommen und Freunde zu treffen. Wobei – die Donau kenne ich mittlerweile auch aus dem FF. Man kennt mittlerweile auch hier viele Menschen an allen Stationen.
Was mir damals unheimlich gut gefallen hat, war die Russlanderfahrung. Eine Saison Moskau – St. Petersburg und zurück fuhr ich damals als Reiseleiter. Das hat mich sehr beeindruckt. Ein Tipp für Euch: Wenn ihr das macht, fahrt von Moskau nach St. Petersburg. Der Grund – Moskau ist Stress pur, wobei auch sehr spannend. Wenn ihr dort ablegt habt ihr Ruhe pur und am Ziel, in St. Petersburg, die Kultur.
CS: Wie stark ist aktuell die Besatzung und aus wieviel Nationen besteht sie.
KB: Aktuell haben wir 52 Besatzungsmitglieder, aus 12 Nationen. Hiervon gehören acht zum nautischen Team.
CS: Was war Dein schönstes Ereignis an Bord?
KB: Die Amelia ist für die Crew sicher kein einfaches Schiff, auf Grund der Größe und des Volumens an Angeboten für die Gäste. Wir haben parallel Mittagessen hier oben in der Lounge und Mittagessen unten in den Restaurants. Das ist kaum beendet, schon beginnt die Tea Time. So zieht es sich für den Service durch den ganzen Tag – und dieses jeden Tag, jede Woche.
Das schönste Ereignis hatte ich eigentlich im letzten Jahr, eine persönliche Sache, die aber doch mit dem Job zu tun hatte. So kamen zwei Kolleginnen, im letzten Jahr über ein Trainee-Programm an Bord. Sie waren unsicher, trauten sich kaum an die Gäste heran. So nach und nach haben sie sich geöffnet und gelernt. Sie sind in diesem Jahr wieder dabei und richtige Goldstücke.
Die Kollegeninnen, fragte ich: „Wo geht es im nächsten Jahr hin?“ – „Nur Amelia, aber nur, wenn du auch wieder dabei bist!“ Sie und viele andere sind wirklich wieder da. Das ist natürlich eine Bestätigung meiner Arbeit. Sicher, man muss auch mal sagen, dieses oder jenes muss so oder so gemacht werden. Doch diese Kritik geschieht auf Augenhöhe und ist akzeptiert.
In der Summe gibt es sicher viele tolle Momente, doch diese Situationen mit der Crew sind meine Highlights.
Natürlich gibt es auch die Situationen, wo man in der Schleuse liegt und auf einem anderen Schiff einen Kollegen sieht, mit dem man vor Jahren zusammengearbeitet hat. Auch das sind natürlich Highlights.
Aber es bleibt der Respekt vor der Crew. Ich mag an dieser Stelle auch gern die beiden Kollegen erwähnen, welche die Teller waschen. Sie machen einen genialen Job, arbeiten aber im Hintergrund.
Ich sage meiner Crew: „Ihr dürft Fehler machen! Nur so könnt ihr lernen.“
CS: Vielen Dank für dieses überaus interessante Interview!
Anmerkung der CruiseStart-Redaktion: Wir können nur für die MS Amelia sprechen. Wir trafen auf ein eingespieltes Team, welches die Freude an ihrer Arbeit nach außen trug. In letzter Konsequenz können wir die Ausführungen des Hotelmanagers nicht bewerten, haben das Ergebnis aber als sehr angenehm empfunden – Ein Schiff, ein Team, ein Urlaubserlebnis.
Das Interview führte das Team von madle-fotowelt.
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Information
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