Luxus-Expeditionskreuzfahrtschiff CRYSTAL ENDEAVOR legt erste Seemeilen zurück
Das auf der MV Werft in der Endausrüstung befindliche Kreuzfahrtschiff sollte bereits im letzten Jahr für Crystal Cruises auf Jungfernfahrt gehen. Alles war im Zeitplan, doch dann durchkreuzte die Corona-Pandemie die Pläne. Nun ist eine Ablieferung der 161m langen und 20.000 BRZ großen CRYSTAL ENDEAVOR für Ende Mai dieses Jahres geplant.
Durch den Strelasund nach Bornholm
Es ist ein wunderschöner Morgen, dieser 05. März 2021. Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen lassen den letzten gefrorenen Reif auf den Bäumen und auf dem Strand in Devin, einem Stadtteil von Stralsund, schmelzen. Das Blau des Himmels über dem Strelasund kann nicht schöner sein. Eine perfekte Bühne für die erste Ausfahrt des neuen Luxus-Expeditions-Kreuzfahrtschiffes von Crystal Cruises. Strahlend weiß liegt der Neubau am Ausrüstungskai des Stralsunder Standortes der MV-Werften. Eine Hand voll geladener Gäste, bestehend aus Managern des Genting-Konzerns und der MV-Werften sowie einige Werftarbeiter sind bereits an Bord. Um 10:00 Uhr setzt sich die CRYSTAL ENDEAVOR mit Hilfe der beiden Schlepper Fairplay XII und Fairplay 25 langsam in Bewegung. Nach einem kurzen Fotoshooting-Stopp vor der Werft, schiebt sich der schneeweiße Bug ins Fahrwasser. Einige Einheimische und Schifffans beobachten die erste Ausfahrt von den Ufern aus und genießen diesen wunderbaren Moment. Die beiden Schlepper begleiten den Neubau aus Sicherheitsgründen bis zum Greifswalder Bodden. Zu viele Flachwasserstellen durchziehen den Strelasund. Man will nichts riskieren bei dieser ersten Probefahrt in Richtung Bornholm.
Sechs Sterne, höchste Eisklasse, internationaler Markt
Die CRYSTAL ENDEAVOR soll nach ihrer Indienststellung im oberen Luxusbereich der Expeditionskreuzfahrtschiffe positioniert werden. Die Reederei Crystal Cruises spricht vom weltgrößten Luxus-Expeditionskreuzfahrtschiff mit Eisklasse. So verspricht die Reederei auch die größten Suiten für Expeditionskreuzfahrten, für die jeweils ein eigener Buttler Service zur Verfügung steht. Ich finde es letztendlich immer schwierig, ein Kreuzfahrtschiff nach Sternen zu bewerten. So weichen die Ansprüche an Perfektion auf dem internationalen Kreuzfahrtmarkt auch voneinander ab. Das Interesse an Reisenden aus Deutschland für die neue CRYSTAL ENDEAVOR ist bei Crystal Cruises ohnehin sehr gering, wie ich auf Nachfrage mitgeteilt bekomme. So ist es nicht verwunderlich, dass es keine Pläne dafür gibt, das neue Schiff nach der Ablieferung im großen Rahmen vorzustellen. Weitere Anläufe in Deutschen Häfen sind nach aktuellem Stand nicht mehr geplant. Die CRYSTAL ENDEAVOR verfügt über die Polar-Klasse PC6, was identisch ist zur Eisklasse 1A Super. Die Ansprüche an die Rumpfstruktur sind bei Polarklassen jedoch noch einmal höher als bei den regulären Eisklassen. Die CRYSTAL ENDEAVOR wurde für den dauerhaften Sommereinsatz in arktischen Gewässern konzipiert, soll aber auch tropische Gewässer befahren.
Mit zwei Helikoptern und Mini U-Boot auf Erkundungstour
Die CRYSTAL ENDEAVOR wird zur Erkundung der unberührten Landschaften in den Polarregionen zwei eigene Helikopter an Bord mitführen, mit denen die Gäste dann in entsprechende Gebiete vordringen können. Ebenso wird eine Erkundung der Unterwasserwelt mit einem mini U-Boot möglich sein. Dieses Angebot ist jedoch kein Alleinstellungsmerkmal, denn die Reederei Scenic Cruises bietet den Gästen ihrer SCENIC ECLIPSE ebenfalls Helikopter und ein U-Boot. Das nahezu gleichgroße Schiff ist ebenfalls im oberen Luxussegment positioniert. Ich sehe solche Angebote, mit denen Reisende zwangsläufig noch tiefer in hochsensible Gebiete vordringen kritisch. Es ist zu befürchten, dass unter den Anbietern der Expeditionskreuzfahrtschiffe bald ein ähnliches „Wettrüsten“, nach immer ausgefalleneren Möglichkeiten, zur Bespaßung der zahlungskräftigen Kundschaft stattfinden wird. Ähnlich wie es bislang bei den Reedereien, die den Massenmarkt bedienen, passierte. Da spielt es auch keine Rolle, dass die Hubschrauber besonders leise sind oder über umweltschonende Antriebe verfügen. Laute Geräusche erzeugen sie in jedem Fall – in Regionen in denen man bisher lediglich das knirschen des Eises, das Kreischen der Möwen oder das Kalben der Gletscher hören konnte. Die Reederei Hapag-Lloyd Cruises hat sich bewusst gegen ein solches Angebot an Bord ihrer Neubauten entschieden, was zu begrüßen ist. Vielleicht kehren die Folgen der Corona-Krise diesen Trend nach immer verrückteren Bordangeboten künftig so oder so um.
Viel Platz in den 100 Suiten
Insgesamt verfügt die CRYSTAL ENDEAVOR über 100 Suiten, in denen maximal 200 Passagiere Platz finden. Die Standardsuiten sind immerhin 28m² groß. Deutlich mehr Platz bieten die Penthouse Suiten mit 42,5m², das Expedition Penthouse mit 91,5m² oder die Owner´s Suite mit 105m². Wer es noch etwas größer mag, der bezieht die Expedition Suite und die daneben liegende Delux Suite. Kombiniert ergibt sich ein Wohnraum von rund 120m². Die Penthouse Suiten und Deluxe Suiten bieten getrennte Schlaf- und Sitzbereiche, private Veranden und Waschtischbereiche.
Zu den luxuriösen Details gehören Kingsize-Betten, begehbare Kleiderschränke und ein Trockner zum Trocknen von Parkas. Die Badezimmer bieten luxuriöse Spa-Atmosphäre mit individuell regulierbarer Fußbodenheizung, zwei Waschtischen, Antibeschlagspiegeln und Regenduschköpfen. Zu den technischen Details in den Suiten gehören Umgebungsbeleuchtung, interaktive Streaming-TVs und iPads am Bett, die Reiseinformationen und zahlreiche internationale Tageszeitungen bieten. Das Passagier- /Crew-Verhältnis an Bord ist 1/1.
Innenausbau und ungewisse Zukunft
Nach dieser ersten Probefahrt sind fast ausschließlich Arbeiten geplant, die den Innenausbau betreffen. Derzeit ist die CRYSTAL ENDEAVOR zu 90% fertiggestellt. Wie es für die Mitarbeiter nach der für Ende Mai vorgesehenen Ablieferung des Kreuzfahrtschiffes weitergeht, ist derzeit völlig offen. Der Kreuzfahrtmarkt ist zusammengebrochen, weshalb der Mutterkonzern Genting von weiteren Neubauplänen derzeit absieht. Derzeit wird über die Zukunft der Werftengruppe verhandelt. Mehr als ein Drittel der insgesamt 3.000 Arbeitsplätze soll gestrichen werden. Als besonders gefährdet gilt der MV-Werften Standort Stralsund. Hier will die Stadt Stralsund möglicherweise Werftflächen vom Genting-Konzern abkaufen. Die Verhandlungen laufen. So bleibt derzeit nur, den Moment zu genießen und der CRYSTAL ENDEAVOR noch einmal hinterher zu schauen, als sie am kleinen Hafen in Stahlbrode vorbei in Richtung Greifswalder Bodden fährt. Die Rückkehr nach Stralsund zur MV-Werft ist für Sonntag Abend geplant. Während der aktuellen Testfahrt wurden die Motoren sowie allgemeine, technische Systeme überprüft. In diesem Zusammenhang hat die CRYSTAL ENDEAVOR die anvisierte Höchstgeschwindigkeit von 18 Knoten nicht nur erreicht sondern mit 20 Knoten deutlich übertroffen.
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