Plankenschnack mit Kreuzfahrtleiter Uli Deiß
Wir schnacken heute mit dem Kreuzfahrtleiter, der MS Amelia von Phoenix Reisen GmbH Bonn, Uli Deiß. Bis November ist er auf der Donau unterwegs.
Trotz seiner vielfältigen Aufgaben und den Gästen, die ihn mit ihren Fragen und Anliegen ständig konfrontierten, nahm sich der sympathische Uli Deiß lange für uns Zeit. Er berichtete ausführlich aus dem Nähkästchen und strickte kein Seemannsgarn.
CS: Sind die Ausflugsprogramme abhängig von den Jahreszeiten?
UD: Während der Saison von April bis November ändern sich diese nicht. Was sich ändern kann, sind die Startzeiten. Es ist z.B. nicht sinnvoll den Ausflug Wien bei Nacht im Hochsommer um 20:15 Uhr zu beginnen. Da verlegen wir diesen dann durchaus auf 21:00 Uhr oder sogar noch später. Eine Nachtfahrt quasi bei Tageslicht wäre kein Erlebnis. An den restlichen Zielen haben wir vom Programm her keine Einschränkungen.
Sicher ist das Empfinden für den Gast während der Jahreszeiten unterschiedlich. Im Frühjahr kann einmal ein Schneetreiben kommen, im Herbst fehlen vielleicht schon die Blätter an den Bäumen. Das Ausflugsprogramm selber ist von den Jahreszeiten jedoch nicht betroffen. Wir müssen uns da nicht anpassen.
CS: Werden die Ziele der Ausflüge zentral von Bonn organisiert oder ist man hier an Bord dafür zuständig?
UD: Das geht immer über die Zentrale in Bonn, gemeinsam mit den Agenturen. Seit Jahrzehnten machen wir bereits diese Ausflüge mit leichten Abänderungen, teilweise, weil man die Ausflüge dem Fahrplan anpassen muss. Manche der Touren sind nicht geeignet, da wir zu wenig Zeit vor Ort haben. Man könnte z.T. auch einen Ganztagesausflug machen, doch bei einer sieben-tägigen Reise kommt dieses weniger in Frage, dann schon eher bei einer zwei-wöchigen Fahrt. Aber, wie gesagt, generell macht die Zentrale in Bonn mit den Agenturen die Planungen. Wir bekommen das ganze Paket geliefert und wenn ich irgendwo hinkomme, wissen die Agenturen schon wie es alles funktioniert. Das erleichtert die Arbeit natürlich enorm.
CS: Wie viele Passagiere sind auf dieser Reise an Bord und wie ist die durchschnittliche Auslastung?
UD: Bei dieser Reise haben wir 203 Passagiere an Bord. Die maximale Anzahl würde 220 betragen. Bedingt durch Alleinreisende gibt es jedoch keine freien Kabinen. Auf der nächsten Reise, während der Osterferien, liegen wir bei 193 Gästen und danach bereits wieder über 200. Für 2018 hatten wir eine durchschnittliche Auslastung von über 90%.
Die Amelia ist mit einer Kapazität von 220 Gästen eines der größten Schiffe auf der Donau. Es gibt von der Vermessung her längere Einheiten, doch diese Reedereien legen Wert auf große Luxuskabinen. Das sind überwiegend Amerikaner.
CS: Du fährst nur auf der Amelia oder wechselst Du auch die Schiffe?
UD: Während des Jahres fahre ich immer auf dem gleichen Schiff, im Frühjahr die Hochsee, auf der Amadea und hier die ganze Saison, von April bis November, Amelia. Das man während der Saison wechselt ist eigentlich nicht möglich. Es gibt natürlich auch Freelancer, die nur drei Monate im Jahr arbeiten können oder wollen. Diese werden dann als Urlaubsvertretungen eingesetzt. In der Regel haben die Schiffe immer ihren Stammkreuzfahrtleiter für die Saison. Ich persönlich bevorzuge dieses auch und möchte schon für ein paar Jahre auf dem gleichen Schiff bleiben, damit man auch einmal die Früchte der Arbeit sieht. Für die Crew ist ein ständiger Wechsel auch nicht gut, denn jeder Kreuzfahrtleiter hat andere Vorstellungen. Einfach ausgedrückt – einer legt Wert auf den Zustand der Kabinen, der andere auf die gefaltete Serviette, der Dritte nimmt an allen Ausflügen teil – hier hat jeder seine Schwerpunkte. Bei einem ständigen Wechsel verliert sich die Handschrift, die Crew kann sich nicht auf die Vorgaben einstellen und die Teambildung leidet.
CS: Welche Strecke fährst Du am liebsten, bzw. bist Du am liebsten gefahren?
UD: Am liebsten bin ich, acht Jahre, in Russland, die Strecke St. Petersburg – Moskau gefahren. Die Strecke ist von der Landschaft her sehr schön. Das kannte ich bis dahin so nicht. Russland ist riesig, dort kann man schon mal zwei bis drei Tage unterwegs sein, ohne, dass man ein Haus sieht. Die Wolga ist immer gut zu befahren, dort gibt es kein Niedrig- oder Hochwasser. Der Fluss hat immer Wasser, auch in der Trockenzeit, es sind stets fünf bis sechs Meter unter dem Kiel. Die Natur ist noch sehr ursprünglich und das habe ich sehr genossen, weil man dann auch stets zwei Tage in Moskau und drei Tage in St. Peterburg war. In den Städten gibt es Kultur pur. Was noch hinzu kam, war der Typ Mensch. Da sind die Russen sehr angenehm.
CS: Welche Bordsprache hattet ihr in Russland?
UD: Die Bordsprache war Deutsch. Für die Gäste waren zehn Reiseleiterinnen an Bord. Die kamen von der Sprachschule und waren in den Restaurants und bei den Ausflügen dabei. Wo immer es notwendig war, übersetzten sie für die Gäste. Jeder Ausflugsbus hatte mindestens eine Übersetzerin an Bord. Einige von ihnen waren so gut, dass sie simultan übersetzen konnten. Das war meine liebste Strecke.
CS: Du bist die gesamte Saison an Bord, von April bis November? Wie geht es Deiner Familie damit?
UD: Zwei Wochen Urlaub nehme ich mir dieses Jahr tatsächlich.
Die Familie als solches ist schon eigenständig. Der Junior studiert und wir telefonieren jeden Tag, damit bin ich immer auf dem Laufenden. Auch mit meiner Ex-Frau telefoniere ich regelmäßig, da wir ein gutes Verhältnis haben. Das Innenverhältnis ist somit bestens. In der früheren Zeit, als ich in Russland war, gestaltete es sich schon schwieriger. Der Kleine war so sieben, acht Jahre alt. Da musste ich mich im April von ihm mit den Worten: „Im Oktober sehen wir uns wieder“ verabschieden. Das war für ihn und für mich schwierig, zumal man damals auch nicht so gut telefonieren konnte. Die Gebühren waren hoch und Skype oder WhatsApp, so wie heute, gab es noch nicht. Auch konnte man während der Saison nicht nach Hause. Heute würde ich es wahrscheinlich so nicht mehr machen – es war damals eine andere Situation.
CS: Was war Deine schönste Erinnerung an Bord?
UD: Das ist sehr schwierig und ich kann es nicht beantworten. Es ist zu viel im Kopf geworden. Ich bin ja nun schon seit 1988 dabei. Fast jedes Jahr war ich auf einer Weltreise oder einen Teil der Weltreise. Zum Schluss lag ich bei über 200 Fahrten. Da kann man DIE schönste Erinnerung nicht mehr fassen. Da fällt mir leider nichts ein.
CS: Was sind Deine nächsten Pläne oder Wünsche?
Vor 10 Jahren hätte ich geantwortet, in gleicher Position auf der Hochsee. Doch heute bin ich hier auf dem Fluss zufrieden. Langfristig wäre sicher noch einmal ein Wechsel der Strecke interessant. Auch die Fahrt bis hinunter ins Donaudelta würde ich gern noch einmal fahren.
Cruisestart sagt herzlichen Dank für die interessanten Ausführungen und wünscht weiterhin allzeit gute Fahrt! Das Interview führten wir am 20. April 2019
Unseren Reisebericht zur Donaukreuzfahrt an Bord der MS Amelia mit Uli Deiß finden Sie hier!
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