Kreuzfahrtdirektorin Kathrin Völkel

Kreuzfahrtdirektorin Kathrin Völkel
Kreuzfahrtdirektorin Kathrin Völkel von MS Astor im Interview

Die Kreuzfahrtdirektorin Kathrin Völkel der Astor im Interview

Interview auf hoher See mit Kathrin Völkel, Kreuzfahrt-Direktorin der ASTOR bei TransOcean Kreuzfahrten und derzeit auf der Rückfahrt nach Bremerhaven.

Kathrin Völkel, Kreuzfahrt-Direktorin der ASTOR bei TransOcean Kreuzfahrten befindet sich gerade an Bord des Schiffes, das mit 371 Passagieren und 277 Crewmitgliedern auf Grund der Corona-Krise von einer 123-tägigen Weltreise frühzeitig nach Deutschland zurückkehrt. Derzeit ist das Kreuzfahrtschiff im Atlantik Richtung Kapverdische Inseln unterwegs. Es befindet sich seit dem 17. März 2020, dem Zeitpunkt, an dem die Weltreise abgebrochen wurde, auf hoher See. Nach einem letzten technischen Stopp zur Ladung von Treibstoff und Frischwasser am 7. April 2020 in Lissabon, nimmt die ASTOR auf Bremerhaven Kurs, wo sie am 12. April ankommen soll. Über die Lage an Bord berichtet Kathrin Völkel im Interview. 

Kathrin Völkel, Kreuzfahrtdirektorin der Astor im Interview

Frau Völkel, wo befinden Sie sich gerade und wie ist die Stimmung an Bord? 

Wir befinden uns derzeit im Atlantik nahe der Kapverdischen Inseln und steuern in ein paar Tagen Lissabon an. Seit dem 17. März sind wir jetzt schon Non-Stopp auf hoher See. Unter den 371 deutschen Gästen ist die Stimmung recht gut, denn auf so einem Schiff ist man doch ziemlich abgeschottet von der Welt und von Medienberichten und kriegt nicht permanent die Entwicklung der Corona-Krise mit. Zusammen mit den 277 Crewmitgliedern sind wir mittlerweile eine stimmige Einheit, schließlich sind wir schon seit dem 15. Dezember gemeinsam auf Weltreise.

Gibt es Corona-Fälle an Bord? 

Wir haben Gott sein Dank keinen einzigen Fall an Bord. Das liegt vielleicht auch am Konzept der Weltreise. Dabei bleiben die gleichen Passagiere von Mitte Dezember bis Mitte April an Bord, die Kreuzfahrt wird also nicht, wie es sonst auch gängig ist, in Reise-Teilabschnitten verkauft. Dieses Konzept hat sich nie besser ausgezahlt als jetzt. Denn so sind wir mit einem relativ geringen Risiko unterwegs, uns durch Zustieg zu infizieren. 

Beschreiben Sie die Stimmung an Bord und wann bekamen Sie zum ersten Mal etwas von Corona mit? 

Wir sind an Bord wie eine kleine Gemeinde, ähnlich einem Dorf. Wir haben zusammen an der Copacabana in Südamerika Silvester gefeiert, es folgten die Osterinseln, RapaNui die Robinson-Crusoe-Insel, Bora Bora. In der Südsee bekamen wir mit, dass die Anforderungen für eine Anlandung plötzlich stiegen. Zusätzlich zu den Ausweisdokumenten mussten plötzlich Gesundheitserklärungen eingesammelt werden. Dann kam das Königreich von Tonga – Nuku Alofa, eine Inselgruppe im Süd-Pazifik, da wurde es konkret. Der König dieser kleinen Insel verweigerte uns wegen Corona das Anlegen. Das gab erstmal Unruhe an Bord. Aber das konnten wir noch verstehen, geschichtlich betrachtet sind solche Inseln immer von Krankheiten irgendwelcher Seefahrer heimgesucht worden und es gibt kaum Schutz-Maßnahmen für Notfälle. Es folgten Neuseeland, Australien und Tasmanien – die haben die strengsten Einreise-Immigrationskontrollen weltweit. Aber das klappte. Dann Mauritius. Hier durften wir nur mit 2-facher Fieber- und Face-to-Face-Kontrolle an Land. Bei der Gesichtskontrolle müssen die Beamten Reisepass und „Gesicht“ vergleichen und kommen dafür extra an Bord. Unser letzter Landgang war auf der Insel Réunion vor Afrika. Die nächsten Stationen wären Maputo und Mozambique auf dem afrikanischen Festland gewesen, hier durften wir nicht mehr anlegen und einreisen, die Realität hatte uns eingeholt. 

Wie reagierten die Passagiere darauf?

Ich erzählte den Gästen, dass wir nun leider nach Hause fahren müssen, das war der härteste Auftritt meines Lebens. Man spürte die Anspannung der Leute, ihre Sorgen und Ängste. Die ersten zwei Tage nach der Verkündung war es seltsam ruhig. Wir erhielten Erlaubnis, in Durban (Südafrika) einen technischen Stopp machen zu dürfen. Hier haben wir Proviant und Frischwasser geladen und das Schiff getankt. Kein Landgang, null Kontakt. Der Hafenlotse wurde per Helikopter an Bord eingeflogen, das muss man sich mal vorstellen! Er stand anschließend vermummt wie ein Außerirdischer vor uns. Irgendwie surreal. Die Stimmung ist eine Mischung aus Unglauben, was in der fernen Heimat gerade abläuft und der Tatsache, dass überall auf der Welt genau das Gleiche passiert. 

Und wie ging es dann weiter? 

Der Blickwinkel hat sich geändert, die meisten sind froh, an Bord sein zu können. Alle Nachrichten, die sie von den Daheimgebliebenen bekommen, lauten gleich: „Ihr habt es so viel besser als wir hier“. 

Wie verkraftet es die Crew?

Wir sind insgesamt 277 Crewmitglieder aus 21 Nationen. Viele sind verunsichert, wissen nicht, ob sie nach Ankunft von Bord gehen oder wann sie in ihr Heimatland einreisen dürfen. Aber wir geben alles. Es ist an sich schon eine Riesenaufgabe auf einer 123-tägigen, langen Seereise die Gäste jeden Tag und jeden Abend möglichst ohne Wiederholung und Langeweile zu unterhalten. Nun heißt es aber on Top nochmal so viel Unterhaltung zu bieten: elf Shows, sechs Cabarets, jede Menge Spiele, Deck-Partys etc.. Schließlich müssen die 35 Seetage – fast Non-Stopp auf hoher See – irgendwie gefüllt werden.

Waren Sie schon einmal so lange auf See? 

Nein. Selbst unser Kapitän hat das in seinen 24 Jahren auf der ASTOR nicht erlebt. Das Maximum an Seetagen ist normalerweise sieben oder zehn Tage am Stück, länger ist in der Neuzeit noch keiner auf einem Kreuzfahrtschiff auf hoher See gefahren. Das wird definitiv unser aller ultimativer Seefahrer-Rekord.

 

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Nicole Deutzmann-Asmussen
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