Reisebericht Teil 3: Zu den faszinierendsten Metropolen in Südamerika

Montevideo Sign am Playa los Pocitos / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Mit der MS Hamburg von Plantours Kreuzfahrten zu den faszinierendsten Metropolen in Südamerika.

Im dritten Teil meines Reiseberichtes besuche ich mit der MS Hamburg drei der faszinierendsten Metropolen in Südamerika und lasse mich vom Karneval in Rio mitreißen.

Tag 17: 15. Februar 2020 – Montevideo, Uruguay

­­Die modernste Stadt in Südamerika

Montevideo bezeichnet sich gerne selbst als modernste Stadt in Südamerika. Ob sie diesem touristischen Leitspruch tatsächlich gerecht wird, werde ich in den nächsten Stunden herausfinden. Die Wetterbedingungen sind zumindest ideal. Der Himmel ist blau, die Temperaturen sollen im Tagesverlauf die 30-Grad-Marke knacken.

Die MS Hamburg macht heute an einer Pier im Industriehafen fest, da zwei Megaliner das Kreuzfahrtterminal von Montevideo belegen. Ein Busshuttle stellt eine regelmäßige Verbindung zwischen dem Liegeplatz und dem Terminalgebäude sicher.

Ein Fest für die Geschmacksnerven

Da in unmittelbarer Nähe zum Hafen der Mercado del Puerto liegt, mache ich zunächst einen Abstecher dorthin. Beim Mercado del Puerto handelt es sich um eine Art Markthalle, in der sich ein hochwertiges Grill-Restaurant an das andere reiht. An den Ständen werden gegrilltes Fleisch und frischer Fisch aus dem Rio de la Plata feilgeboten. Abenteuerlustige wagen sich an einen „Choto“ – ein gegrilltes Lammkuttelgericht, das so nur in Uruguay zu finden ist. Überall riecht es nach frischem Holz, welches hier auf die großen, offenen Grills geworfen wird. Das hochwertige Fleisch bekommt durch das Grillen auf offener Flamme eine außerordentlich würzige Note. Das Rindfleisch aus dieser Region Südamerikas gilt als das beste der Welt. Einheimische treffen sich im Mercado del Puerto ebenso wie Rucksacktouristen und bärtige Hipster. Eine Rucksacktouristin schüttelt einem Metzger die Hand, der – anders als sein Rindfleisch – aussieht, als wäre er längst über sein Verfallsdatum hinaus. Die Atmosphäre und die Gerüche auf dem Hafenmarkt sind klasse. Hier in Montevideo gibt es zahlreiche Restaurants, in denen man Steaks von allerbester Qualität auf den Speisekarten findet.

Steak-Grill Restaurant am Hafen Montevideo / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Grösster Platz in Montevideo

Ich verlasse den kulinarischen Genusstempel und überquere bald darauf die Plaza Matriz, bevor ich wenig später auf der großen Plaza Independencia stehe. Erhaben thront dort der markante Palacio Salvo. Die Plaza Independencia ist der größte Platz in Montevideo. Von der Plaza in Richtung Osten und damit in den Stadtteil Centro führt mit der Avenida 18 de Julio eine der bedeutendsten Straßen der Hauptstadt. Um die Plaza Independencia sind zahlreiche historische und prägende Bauwerke Montevideos angesiedelt. Im Westen steht zum Beispiel ein Überbleibsel der alten Stadtmauer, das Stadttor, die Puerta de la Ciudadela. Es weist den Weg in die Fußgängerzone Calle Sarendí, dort beginnt die eigentliche Altstadt.

Auf dem Plaza Independencia Montevideo mit Palacio Salvo / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Einst höchstes Gebäude in Südamerika

Der Palacio Salvo wurde an jener Stelle erbaut, an der sich vorher die Bar und Confiteria La Giralda befand. Im Oktober 1928 wurde der Palacio Salvo offiziell eingeweiht. Mit einer Höhe von 105m war das auffällige Art déco Gebäude bis 1935 das höchste Bauwerk in Südamerika. Der Palacio Salvo gilt heute als Wahrzeichen Montevideos. In Sichtweite zur Plaza Independencia wurde die neoklassische Konzerthalle Solís Theater erbaut.

Rund eine Stunde lang laufe ich durch die Straßen von Montevideo, bis ich schließlich den großen Strand Playa de los Pocitos erreiche. Diesen suche ich aber nicht zum Baden auf, sondern um mir den großen Montevideo-Schriftzug anzusehen, der am Rande der großen Bucht aufgestellt wurde.

Montevideo Sign am Playa los Pocitos / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Für den Rückweg wähle ich einen anderen Weg, nicht durch die Stadt, sondern unmittelbar entlang der acht Kilometer langen Uferpromenade. Immer wieder entdecke ich interessante Szenerien. So hat sich eine kleine Gruppe Jugendlicher zum Beispiel auf einem kleinen Bruchstück der Uferbefestigung Stühle aufgestellt, die in Ufernähe vom Wasser des Südatlantiks umspült werden. Sehr einladend sieht der Club de Pesca Ramirez aus, der am Playa Ramirez direkt in Wassernähe liegt. Tagsüber kann man hier lecker Essen, abends verwandelt sich das Restaurant in eine maritime Cocktailbar. Auf den Mauern der Uferpromenade sitzen Einheimische, die ihren traditionellen Yerba Mate Kräutertee mit einem Metallstrohhalm aus einem kugeligen Gefäß schlürfen.

Inzwischen befinde ich mich auf der Rambla Republica Argentina, die in die Rambla Gran Bretana und später in die Rambla Francia übergeht. Von dieser zweigt die Ciudadela ab, die mich wieder zurück auf die Plaza Independencia führt.

Jugendliche kühlen sich im Wasser des Südatlantiks bei Montevideo / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Zwei Konkurrenten am Rio de la Plata in Südamerika

Der jungen und dynamischen Atmosphäre von Montevideo entkommt man kaum. Trotzdem bewahrt die Stadt ihre Kultur und Bräuche. Die Stadt wird von Landtouristen oft übersehen, da der lange Schatten der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires bis nach Montevideo reicht, doch gerade bei Kreuzfahrtreedereien steht Montevideo längst auf allen Anlauflisten – sofern die Schiffe in Südamerika unterwegs sind. Montevideo am Nordufer des Rio de la Plata wird oft mit der argentinischen Konkurrentin am Südufer verglichen, braucht sich hinter ihr aber nicht zu verstecken. Wie sehr mich allerdings Buenos Aires begeistern wird, weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Montevideo ist einer der aufregendsten Orte in ganz Lateinamerika, so oder so. Besonders zeigt sich das junge Lebensgefühl von Montevideo auf den kleinen Plätzen. Überall in der Stadt steht kostenfreies WLAN zur Verfügung. Das Straßenleben pulsiert hier Tag und Nacht, es wird an allen Ecken getanzt, in erster Linie der Tango. Entgegen der Angabe in vielen Publikationen soll der Tango seinen Ursprung in Montevideo und nicht in Buenos Aires haben.

Sambagruppe zum Abschluss des Tages

Bevor ich zurück in Richtung Hafen laufe, schaue ich noch auf der Plaza de la Constitucion vorbei, einem sehr schön angelegten Platz mit Springbrunnen und vielen kleinen Ständen, an denen handwerkliche Kunst präsentiert wird. Diese Stände sind wohl aber nicht täglich dort aufgebaut. Mein direkter Weg zum Hafen wird am Mercado del Puerto von klangvoller Musik und einer tanzenden Sambagruppe unterbrochen. Diese probt hier für den nahenden Karneval, was für eine Menge Aufmerksamkeit unter allen Anwesenden sorgt.

Bafo da Onca Sambagruppe probt für Karneval in Montevideo / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Nach rund 30 Kilometern, die ich heute zu Fuss durch Montevideo gelaufen bin, endet mein Tag schließlich am Abend wieder an der Gangway der MS Hamburg.

Um 18:00 Uhr verlässt die MS Hamburg den Hafen von Montevideo und nimmt Kurs auf die Hauptstadt Argentiniens – Buenos Aires. Die Entfernung beträgt 132 Seemeilen bzw. 244 Kilometer.

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Tag 18: 16. Februar 2020 – Buenos Aires, Argentinien

Das Thermometer am Hafen von Buenos Aires zeigt schon morgens um 08:00 Uhr 27 Grad an. Der Himmel ist blau und einige bunte Sittiche kreischen keck, von einem Baum gegenüber des Hafengebäudes hinunter. Was mir bereits nach wenigen Minuten auffällt – in der Stadt gibt es viele Grünflächen.

Vom Hafen aus laufe ich in Richtung Torre Monumental, ein sehr hübsch anzusehender Turm gegenüber dem Bahnhof. Im weiteren Verlauf streife ich den Luna Park und das Casa Rosada, bevor ich in Richtung Puerto Madero abbiege. Beim Puerto Madero handelt es sich um einen historischen Teil des Hafens, der völlig modernisiert wurde und heute einen Mix aus klassischen Prunkbauten, restaurierten Kränen und modernen Glaspalästen darstellt. Besonders stechen eine architektonisch auffällige Brücke, sowie ein alter Großsegler hervor. Dieser schneeweiße Großsegler ist genauer gesagt ein Vollschiff und diente einst der argentinischen Marine. Heute ist es ein Museumsschiff im Stadtviertel Puerto Madero. Die Presidente Sarmiento wurde 1897 gebaut und ist 81m lang.

Stadtteil Puerto Madero Buenos Aires mit Vollschiff Presidento Sarmiento / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Stadtteil La Boca

Mein Weg führt mich entlang des Rio Daresena Sur bis in den historischen Stadtteil La Boca. La Boca ist ein Arbeiterviertel in der Nähe des Riachuelo-Flusses. Rund um Caminito, eine enge Gasse mit bunt gestrichenen Wellblechhäusern, die an die Frühzeit der Gegend als Einwanderviertel erinnern, finden sich Steakhäuser und zahlreiche Bars. Straßenkünstler versuchen den einen oder anderen Touristen von sich zu überzeugen und eine entsprechende Spende zu erhalten. Die Tango-Tanzeinlagen auf einigen Plätzen, mit denen für bestimmte Lokale geworben wird, scheinen mir recht verkrampft und abgesehen davon sind mir hier einfach zu viele Touristen. Die vielen bunten Häuser sind zwar wirklich schön anzusehen aber von seiner Ursprünglichkeit scheint mir La Boca doch recht viel verloren zu haben.

Historisches Arbeiterviertel La Boca Buenos Aires / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Stadtteil San Telmo

Auf dem Rückweg in Richtung Innenstadt laufe ich vorbei am Parque Lezama und durchquere den Stadtteil San Telmo. In San Telmo lohnt ein Besuch auf dem Mercado San Telmo. Das Angebot in der 1897 erbauten Markthalle richtet sich mehr an die einheimische Bevölkerung als an Touristen, was den kleinen Markt interessant macht. Wer hier eine Fülle von Souvenirläden erwartet, ist an diesem Ort allerdings falsch. Am heutigen Tag ist in San Telmo ein riesiger Straßenmarkt aufgebaut, der den Stadtteil San Miguel miteinschließt. Die Atmosphäre in der Straße Defensa, einer mit vielen kleinen Ständen zugestellten Straße, ist herrlich. Es überwiegen Stände mit Handwerkskunst und einheimischen Erzeugnissen. Touristennepp ist nicht viel zu finden, was mir gut gefällt. Pop-up-Kunstgalerien, bis spät in die Nacht geöffnete Bars und Street-Art-Bilder verleihen dem alten Viertel San Telmo ein Szeneflair. San Telmo war früher das Wohnviertel der Wohlhabenden, die 1871 aufgrund einer Gelbfieberepidemie in den Norden der Stadt umzogen. Das Epizentrum des Geschehens befindet sich rund um die Plaza Dorrego. Ich stoße schließlich wieder auf den Plaza de Mayo, auf dem sich die Casa Rosada – das Regierungsgebäude – befindet.

Buenos Aires steckt voller Lebensfreude, Abwechslung, schöner Architektur, Grünanlagen und liebenswerter Menschen. Das begeistert mich.

Stadtteil San Telmo in Buenos / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Die Casa Rosada

Die Casa Rosada ist der Palast des Präsidenten von Argentinien. Er befindet sich an der Ostseite der Plaza de Mayo im Stadtteil Montserrat. Casa Rosada ist der offizielle Sitz des amtierenden Präsidenten, wenngleich es als solcher nur mehr zu formellen Anlässen genutzt wird. Ein weiterer offizieller Sitz ist in Olivos nördlich der Hauptstadt, der aber vornehmlich der Erholung und der informellen Repräsentation dient.

Der rosafarbige Außenanstrich der Casa Rosada stammt aus dem Jahr 1873, der Regierungszeit von Präsident Domingo Faustino Sarmiento. Die Intensität des Rosatons ist seither mehrfach geändert worden. Für die Farbgebung gibt es zwei Erklärungen: Einerseits wird erzählt, der parteilose Sarmiento habe die Farben der verfeindeten Unitarier und Föderalisten, Weiß und Rot, mischen lassen, um damit die Einheit Argentiniens zu symbolisieren. Die andere Erklärung weist darauf hin, dass Rosa im 19. Jahrhundert eine verbreitete Farbe für Häuseranstriche war, die durch die Mischung von Kalk mit Ochsenblut entstand, das für seine wasserabstoßenden und fixierenden Eigenschaften benutzt wurde.

Casa Rosada, Palast des Präsidenten, Buenos Aires / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Vom Regierungspalast aus lohnt ein Weg entlang der Avenida de Mayo, einer großen Einkaufsstraße in Buenos Aires in Richtung des Argentinischen Nationalkongress auf der Plaza del Congreso. Leider ist er im Moment hinter einem Baugerüst versteckt. Auf der Avenida de Mayo befinden sich einige der traditionsreichsten Kaffeehäuser von Buenos Aires.

Das berühmteste Kaffeehaus in Buenos Aires

Das bekannteste Kaffeehaus von Buenos Aires ist das Café Tortoni, welches 1858 gegründet wurde. Hier trafen sich bereits Berühmtheiten wie Tangosänger Carlos Gardel, Tennisspielerin Gabriela Sabatini oder auch Hillary Clinton. Sowohl der Kaffee als auch die Gebäckspezialitäten sind hier hervorragend. Da das Café Tortoni allerdings bei fast allen Buenos Aires-Besuchern auf der Liste steht, muss man längere Wartezeiten an der Tür einplanen.

Cafe Tortoni Buenos Aires / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Prachtvolles Buenos Aires

Im Stadtgebiet von Buenos Aires leben knapp 3 Millionen Menschen. Auf den ersten Blick wirkt die Stadt sehr europäisch und die prachtvolle Kolonial- und Neobarockarchitektur vieler großer Gebäude erinnert zum Teil an Paris – weniger an eine Stadt in Südamerika. Buenos Aires ist eine kosmopolitische Stadt und zieht die Besucher sofort in seinen Bann. Wer nach Argentinien fliegt, träumt von Abenteuer und den landschaftlichen Schönheiten in Patagonien, nur selten von den Schönheiten dieser Megametropole. Buenos Aires ist weit mehr als Tango und lateinamerikanische Lebensfreude. Buenos Aires bietet alles, was man sich als Besucher wünscht. Alles, außer Langeweile. Das kulinarische Angebot ist mindestens so abwechslungsreich wie die Architektur. Es gibt armenische, peruanische, koreanische, polnische, argentinische und sogar deutsche Restaurants.

Neue und alte Architektur in Buenos Aires / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Überblick über die Sehenswürdigkeiten von Buenos Aires

Buenos Aires bietet dem Besucher einiges an architektonischen Sehenswürdigkeiten aus der Kolonialzeit und der Zeit um 1900. Beinahe alle Sehenswürdigkeiten der Stadt liegen in einem relativ kleinen, etwa 5 km2 umfassenden Gebiet, zwischen der Mündung des Riachuelo, dem Río de la Plata und dem Parque Tres de Febrero im Stadtteil Palermo.

  • Teatro Colón – Opernhaus mit fast 2.500 Plätzen – eines der besten der Welt.
  • das Künstlerviertel La Boca, das bekannt für seine farbenprächtigen Hausfassaden und präsente Tangokultur ist, darüber hinaus als einer der Geburtsorte des Tangos gilt.
  • der alte Stadtteil San Telmo mit seinen alten malerischen Straßen, dem Antiquitätenmarkt, vielen (Tango)Bars und Cafés.
  • das alte Hafengebiet Puerto Madero mit den restaurierten Speichern und Kränen.
  • der Obelisk von Buenos Aires auf der Avenida 9 de Julio
  • der Friedhof von Recoleta, ein Friedhof der Reichen und Berühmten, mit vielen Mausoleen und Tempeln in verschiedensten Baustilen. Dort befindet sich auch das Grab von Evita Perón.
  • der Plaza Francia, ein Platz am Friedhof Recoleta, auf dem am Wochenende ebenfalls ein bekannter Kunsthandwerkmarkt stattfindet
  • der Plaza Dorrego in San Telmo, ein netter Platz mit verschiedenen Restaurants und fast jeden Abend öffentlichen Tangovorführungen. Am Wochenende mit Antiquitätenmarkt
  • der Plaza de Mayo, ein ehrwürdiger Platz vor dem Regierungsgebäude
  • die Avenida de Mayo, ein von vielen alten politischen Gebäuden gesäumter Boulevard, die am Regierungspalast endet
  • die etwa 140 m breite Avenida 9 de Julio

Auf der Avenida 9 de Julio befindet sich auch der 1936 gebaute, 67 m hohe Obelisk von Buenos Aires.

Der Obelisk wurde im Mai 1936 anlässlich des 400-jährigen Stadtgründungsjubiläums in weniger als vier Wochen errichtet. Er befindet sich an der Stelle der 1773 errichteten Kirche San Nicolás, die abgerissen und an anderer Stelle neu gebaut wurde, als 1936 die Bauarbeiten für die Avenida 9 de Julio begannen. Der Obelisk ist begehbar, 206 Stufen führen zur Spitze, wo man durch vier Fenster Ausblick hat.

Obelisco Buenos Aires / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Abseits der großen Straßen befinden sich unzählige kleine Gässchen mit weiteren Fotomotiven. Ich laufe weiter entlang der Avenida 9 de Julio in Richtung Cementerio de la Recoleta. Rund um den Friedhof befinden sich eine Menge weiterer, kultureller Sehenswürdigkeiten. So zum Beispiel das Centro Cultural Recoleta, das Museo Nacional de Bellas Artes und die Floralis Genérica. Dazu später mehr.

Der Friedhof Cementerio de la Recoleta

Zum Pflichtprogramm eines Besuches in Buenos Aires gehört ein Abstecher zum Cementerio de la Recoleta. Im Grunde ist der Cementerio de la Recoleta ein Friedhof, wie viele andere in der argentinischen Hauptstadt, mit hohen Mauern, imposanten Gräbern, kunstvoll verzierten Mausoleen, mal klassizistisch, mal barock und einem Hauch von vergangenen, goldenen Zeiten. Auf dem Cementerio de la Recoleta wurden argentinische Präsidenten, Profisportler, Wissenschaftler und Schauspieler bestattet. Die wohl bekannteste Person auf diesem Friedhof ist zweifelsfrei aber die zweite Ehefrau von Juan Perón, Eva Perón.

Cementerio de la Recoleta in Buenos Aires / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Der Mythos Evita Perón

Tagein, tagaus strömen Touristen, Einheimische und glühende Verehrer an das Grab mit der Nummer 42 auf dem Friedhofsplan. Alle wollen ein kleines Stückchen vom Mythos Evitas mitbekommen. Jene Frau, die mit 15 Jahren aus dem hohen Norden des Landes in die Hauptstadt kam, zunächst im Radio moderierte und sich eher erfolglos als Schauspielerin durchschlug. Als Präsidentengattin Peróns machte sie sich jedoch unsterblich. Unermüdlich kämpfte sie für die politischen Interessen ihres Mannes, forderte aber auch die Armen auf, sich gegen die Reichen zu wehren und setzte schließlich das Frauenwahlrecht durch. Für diese Haltung lieben sie die Argentinier noch immer. Obwohl die meisten der 7000 Mausoleen des öffentlichen Friedhofs deutlich kunstvoller und imposanter sind als das Grab von Evita Duarte de Perón, so umweht kein anderes ein so großer Gänsehautfaktor. Namensgeber des edlen Viertels waren übrigens die Recoleto-Mönche, die hier die erste Kirche des Viertels bauten. Diese Kirche, die Basílica del Pilar, steht direkt neben dem Eingang des berühmten Friedhofs.

Grab Evita Peron Buenos Aires / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Nachdem ich den Friedhof wieder verlassen habe, schlendere ich noch etwas durch die kleinen Grünanlagen, vorbei am Hard Rock Café Buenos Aires bis hin zu einer weiteren Sehenswürdigkeit in Buenos Aires, der Floralis Genérica.

Die Floralis Genérica

Die 23m hohe Floralis Genérica ist eine Skulptur aus Stahl und Aluminium, die sich in einem kleinen Park an der Plaza de las Naciones Unidas befindet. Die Floralis Genérica ist ein Geschenk des argentinischen Architekten Eduardo Catalano an die Stadt Buenos Aires gewesen und stellt eine Lotusblüte dar. Sie ist eines der jüngsten Wahrzeichen der Stadt und wurde erst im Jahr 2002 aufgestellt. Sie ist aber nicht nur künstlerisch, sondern auch technisch eine weltweite Besonderheit. Im Park wurden rund um die Blume Wanderwege angelegt, von denen aus man von allen Seiten aus, einen Blick auf die 18 Tonnen schwere Floralis Genérica werfen kann. Früher hat man vom 40m messenden Wasserbecken, in dem sie steht, einen tollen Blick auf ein Spiegelbild gehabt. Inzwischen sind die Pflanzen darum herum so hochgewachsen, dass dieser Blick nicht mehr möglich ist. Der Clou der Lotusblume war gewesen, dass sie sich jeden Tag zum Sonnenaufgang öffnet und zum Sonnenuntergang wieder schließt. Ähnlich wie in der Natur. Der elektrische Mechanismus, der die 13m langen und 4 Tonnen schweren Blütenblätter öffnet bzw. schließt, wurde von einer argentinischen Flugzeugfirma konstruiert. Leider ist dieser Mechanismus seit einiger Zeit defekt. Im geöffneten Zustand hatte die Blüte einst einen Durchmesser von 32m. Bei starkem Wind öffnete sie sich nicht, dafür blieb sie an 4 Nächten (25. Mai, 21. September, 24. und 31. Dezember) im Jahr geöffnet und wurde von bunten Flutlichtern angestrahlt.

Floralis Generica in Buenos Aires / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Von der Floralis Generica aus entschließe ich mich, den Rückweg zum Hafen anzutreten. Für den Abend sind starke Gewitter angekündigt, die bis zur Abfahrt allerdings einen Bogen um den Hafen machen.

Sicherheit in Buenos Aires

Noch ein Wort zur Sicherheit in Buenos Aires, auch wenn ich mich zu keiner Zeit in dieser Stadt unsicherer als in den meisten Großstädten in Deutschland gefühlt habe. Die Polizeipräsenz in Buenos Aires ist auffallend hoch, was das Sicherheitsgefühl auf jeden Fall erhöht. Die Kriminalitätsrate ist in Buenos Aires etwas höher als im Rest des Landes. Gerade Touristen sollten entsprechend nur die notwendigsten Wertgegenstände mit sich führen.

Taschendiebstähle, insbesondere in öffentlichen Verkehrsmitteln, am Flughafen und Busbahnhof, an belebten Plätzen, Einkaufsstraßen und innerhalb von Geschäften, sind an der Tagesordnung. Die Taschendiebe gehen zumeist sehr raffiniert vor und sind oft in Gruppen organisiert. Diese nutzen entweder das Gedränge an belebten Plätzen oder wenn sie in Gruppen organisiert sind, nehmen sie sich die Zeit ihre Opfer sorgfältig auszuwählen, zu beobachten und auf den richtigen Moment zu warten.

Teil zwei meiner Kreuzfahrt beginnt nun

Während meines Stadtrundgangs, der knapp die 30km Marke übertrifft, fand ein Teil-Passagierwechsel an Bord der MS Hamburg statt. Eine gewisse Anzahl an Gästen ist abgereist und neue Gäste sind an Bord gekommen. Um 23:30 Uhr beginnt die neue Kreuzfahrt von Buenos Aires zum Karneval in Rio, über den Atlantik bis auf die Kapverden. Für mich ist es der zweite Teil dieser Kreuzfahrt. Nächster Hafen ist noch einmal Montevideo in Uruguay.

  • Gesamte Bildergalerie des heutigen Tages aus Buenos Aires <<Link>>

Zurückgelegte Strecke während des ersten Teils meiner Kreuzfahrt von Ushuaia, Argentinien nach Praia, Kapverden:

  • 506 Seemeilen insgesamt
  • 493 Kilometer insgesamt

Tag 19: 17. Februar 2020 – Montevideo, Uruguay

Um 11:30 Uhr kommt bereits der Hafenlotse von Montevideo an Bord der MS Hamburg. Etwa eine Stunde früher als ursprünglich geplant. Entsprechend sind die Leinen der MS Hamburg an der Pier auch eine Stunde früher fest. Der heutige Liegeplatz ist deutlich zentraler als jener vor zwei Tagen. Man kann bequem zu Fuß vom Schiff aus in die Innenstadt laufen, der Busshuttle zum Hafenausgang entfällt.

Aufgrund der Tatsache, dass ich mich vor zwei Tagen umfassend in der 1,5 millionen-Metropole umgesehen habe, lasse ich es heute deutlich entspannter angehen. Ich laufe noch einmal durch die Innenstadt von Montevideo und den Mercado del Puerto.

Um 19:00 Uhr nimmt die MS Hamburg Kurs auf Rio de Janeiro. Die Entfernung beträgt 1.041 Seemeilen bzw. 1.928 Kilometer. Drei Seetage liegen nun vor uns.

  • Gesamte Bildergalerie des heutigen Tages aus Montevideo <<Link>>

Tag 20: 18. Februar 2020 – ein Tag auf See vor Südamerika

Die kommenden drei Tage verbringt die MS Hamburg auf See in Richtung Rio de Janeiro. Hier ein kleiner Auszug aus den Tagesprogrammen:

  • 10:00 Uhr Vortrag von Astrologin Karin Ploog über das Mondjahr 2020 in der Lounge
  • 11:00 Uhr Russisch für Anfänger mit Reiseleiterin Oxana in der Lounge
  • 18:45 Uhr Willkommens-Cocktail in der Lounge
  • 19:00 Uhr Gala-Begrüßungs-Abendessen
  • 21:30 Uhr Willkommens-Gala-Show in der Lounge

Tag 21: 19. Februar 2020 – ein Tag auf See vor Südamerika

  • 10:00 Uhr Vortrag von Lektorin Sabine Bruchmann über die Welt der exotischen Früchte in der Lounge
  • 11:00 Uhr JE-KA-MI – das erste Treffen. Eine Veranstaltung bei der jeder, ohne besondere Voraussetzungen erfüllen zu müssen, mitmachen kann.
  • 15:00 Uhr Astrologie – die Sternzeichen Widder, Stier und Zwilling mit Astrologin Karin Ploog
  • 17:00 Uhr Lesung mit Lektorin Marieluise Erhart im Palmgarten – was man auf Reisen alles so erleben kann
  • 21:00 Uhr Amerika, rauf und runter, kreuz und quer – eine Show mit Kermit Grey in der Lounge

Tag 22: 20. Februar 2020 – ein Tag auf See vor Südamerika

  • 10:00 Uhr Vortrag von Marieluise Erhart in der Lounge über Rio, die schönstgelegene Stadt der Welt
  • 11:00 Uhr JE-KA-MI: Heute Line-Dance mit Ausflugsleiterin Olga in der Lounge
  • 15:00 Uhr Astrologie – die Sternzeichen Krebs, Löwe und Jungfrau mit Astrologin Karin Ploog
  • 17:00 Uhr Piraten der Weltmeere – Vortrag von Lektorin Sabine Bruchmann in der Lounge
  • 18:00 Uhr BINGO, BINGO, BINGO im Palmgarten mit Reiseleiterin Oxana
  • 21:00 Uhr Violino Virtuoso – weltbekannte Melodien auf der Violine mit Lubos Hasan.
Sonnenuntergang MS Hamburg am 20.02.2020 / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Tag 23: 21. Februar 2020 – Rio de Janeiro

Sehnsuchtsort in Südamerika – Rio de Janeiro

Es ist 06:0 Uhr als die Guanabara Bucht im Morgendunst in Sichtweite kommt. Nun ist es nicht mehr weit bis zur zweitgrößten Stadt Brasiliens, Rio de Janeiro. Rio ist zweifelsfrei weltbekannt und weckt überall, wo man diesen Namen erwähnt, Sehnsüchte. Das liegt nicht nur an der einzigartigen Lage von Rio de Janeiro an der Guanabara-Bucht. Rio de Janeiro steht für traumhaft schöne Strände, Partys, landschaftliche Schönheit, zahlreiche Sehenswürdigkeiten und für einen Karneval, wie es ihn weltweit nur in Rio gibt. Die 6,4 Millionen Einwohner Metropole war zwischen 1822 und 1960 Hauptstadt des Landes.

Dann taucht er vor der MS Hamburg auf, der Zuckerhut. Auch die Hotels an der Copacabana sind kurz darauf zu erkennen. Überall liegen versteckte Hügel mit vorgelagerten, kleinen Buchten. Mein erster Eindruck ist „Wow, sieht das schön aus!“. Wer zum ersten Mal mit dem Schiff in die Guanabara Bucht einläuft und Kurs auf Rio nimmt, der wird nicht nur von der Schönheit dieser Stadt am Wasser beeindruckt sein, sondern auch von der Größe. Eine Stunde lang fahren wir an Rio de Janeiro vorbei, den Zuckerhut in greifbarer Nähe, den Corcovado im Blick, die schönsten Strände zu Füßen. Das Stadtgebiet umfasst 1.180 Quadratkilometer. Sogar ein Regenwald ist in Rio zu finden. Sofort wird klar, Rio ist eine Stadt der Superlative. Und Rio schafft es tatsächlich, von der ersten Minute an zu begeistern. Nun ist es aber so, dass die Fassaden vieler Großstädte toll aussehen und es dahinter in vielerlei Hinsicht arg bröckelt. Die nächsten Stunden werden nicht ausreichen, um die Frage zu klären, ob Rio tatsächlich ein Sehnsuchtsort ist bzw. die Erwartungen erfüllt. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Erwartungen an Rio. Im Rahmen einer ganztägigen Stadttour möchte ich so gut wie möglich versuchen, mich nicht von bunten Werbeprospekten oder gar Schreckensgeschichten hinsichtlich der Kriminalitätsrate beeinflussen zu lassen.

Zum Greifen nah, der Zuckerhut bei Einfahrt in Rio de Janeiro mit MS Hamburg / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Rund 50% der Bevölkerung lebt in Favelas und ist arbeitslos

Das Kreuzfahrtterminal macht einen ordentlichen Eindruck, obwohl die örtliche Reiseleiterin die marode Optik mehrfach kritisiert. So schlimm sieht das Gebäude gar nicht aus, finde ich. Mit dem Bus geht es zunächst zum Zuckerhut. Während der Fahrt dorthin wird mir schnell klar, dass Reichtum und Elend in Rio extrem nah beieinander liegen. Wir fahren erst vorbei an namhaften Luxushotels internationaler Hotelketten und befinden uns wenige hundert Meter weiter schon in einer der vielen Favelas von Rio. Dort dominieren Verfall, Armut und Graffiti das Straßenbild. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist die Anzahl der Obdachlosen gefühlt extrem hoch, denn unter jeder Brücke, in jedem Eingang der verfallenen Hausfassaden liegen Menschen auf Pappkartons und leben dort unter unmenschlichen Bedingungen. Die Reiseleiterin bestätigte meinen Eindruck in einem späteren Gespräch. In Rio leben rund 50% der Gesamtbevölkerung in Favelas, was das Problem, welches in Rio vorherrscht, erahnen lässt. Favelas entstehen auf Geländen, in denen in den letzten 15 Jahren keine Investitionen getätigt wurden. In den einfachen Behausungen leben 2 bis 4 Personen auf 4x4m. Die offizielle Arbeitslosigkeit in Rio beträgt 12%, die inoffizielle liegt bei 50%. Diese Differenz ergibt sich aus der Tatsache, dass die Favelas grundsätzlich erst einmal als illegale Siedlungen für die Stadtregierung gar nicht existieren. Die Favelas sind ein sehr spezielles Thema, welches deutlich mehr Raum benötigen würde als ich in meinem Reisebericht dafür vorgesehen habe. Ich denke aber, das Problem, welches in Rio existiert, ist anhand der hier dargelegten Zahlen nicht schwer erkennbar. Man spricht davon, dass es in Rio jährlich 34.000 Tote durch Bandenkriege und Drogenkriminalität gibt. Ein Großteil dieser Todesfälle kommt ebenfalls aus den Favelas. Die Zahlen klingen dramatisch und Vorsicht ist in Rio definitiv geboten, aber man sollte auch nicht paranoid werden. Schließlich will nicht jeder, der vermeintlich arm aussieht, gleich als Verbrecher verdächtigt werden. Wer auf sein Bauchgefühl hört, wird die Bewohner Rios als herzliche und lebensfrohe Menschen kennenlernen.

Favela in Rio de Janeiro / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Fahrt auf den Zuckerhut

Angekommen auf einem Parkplatz am Eingang zum Zuckerhut wende ich meinen Blick und die Gedanken wieder den Schönheiten dieser Stadt zu. Davon hat Rio unzählige zu bieten. Die Fahrt auf den Zuckerhut verläuft in zwei Etappen, unterbrochen von einem Hügel vor dem Zuckerhut, auf dem die Seilbahn gewechselt werden muss. Die Aussicht ist auch vom kleineren Hügel aus schon beeindruckend, doch vom Zuckerhut aus eröffnet sich ein Blick über das gesamte Stadtgebiet von Rio, die Copacabana und Ipanema. Der Zuckerhut (portugiesisch Pão de Açúcar, was auf Deutsch eigentlich Zuckerbrot bedeutet) ist ein 394m hoher Granitfelsen, auf der Halbinsel Urca, der den Eingang der Guanabara-Bucht bewacht. Er gehört zur gleichnamigen Hügelgruppe Pão de Açúcar, die außer ihm aus dem Morro da Urca und dem Morro da Babilônia besteht. Wer an Rio denkt, der denkt sofort an den Zuckerhut. Einmal dort oben zu stehen ist einfach ein klasse Erlebnis, auch wenn ich mir noch nicht sicher bin, ob mir die Stadt nun gefallen soll oder nicht. Der Name des Felsen spiegelt die große Bedeutung des Zuckerrohrs für Rio de Janeiro wider. Im 16. und 17. Jahrhundert besiedelten portugiesische Seefahrer Brasilien. Zum Transport formten sie den Rohrzucker zu Blöcken, um ihn nach Europa zu verschiffen. Diese sogenannten Zuckerbrote erinnerten an die Gestalt des Zuckerhuts, woher er seinen portugiesischen Namen hat.

Im Deutschen trägt er seinen Namen, da seine Form an einen Zuckerhut erinnert. Die Streckenlänge von der Talstation Praia Vermelha auf den ersten Hügel Morro Da Urca beträgt übrigens 528m und von diesem auf den Pao de Acucar 749m.

Blick vom Zuckerhut in Rio de Janeiro / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Rio ist ein einzigartiges Pflaster

Anschliessend führt die Fahrt vorbei an den weltberühmten Stränden Copacabana und Ipanema. Diese Strände in Südamerika werden jährlich von Millionen Touristen besucht. Leider steht am heutigen Tag ein Wetterwechsel bevor. Nach vielen sonnigen und heißen Tagen ziehen nun die ersten dunklen Regen- und Gewitterwolken auf. Rio de Janeiro ist ein absolut einzigartiges Pflaster, das wird mir mit jeder Minute, die sich der Bus durch die verstopften Straßen Rios quält, deutlich. Während die Küsten um den Zuckerhut den Wohlstand der Stadt repräsentieren und die Bewohner in Stadtteilen wie Ipanema gerne zeigen, was sie haben, befinden sich direkt hinter den Hochhäuserketten mit Hotels die notdürftig zusammengezimmerten Blechhütten der Elendsviertel, der Favelas.

Im Stadtteil Ipanema wird ein Stopp in einem hervorragenden Grillrestaurant zum Mittagessen eingelegt. Gerne hätte ich auf dieses verzichtet, denn noch ist der Blick in Richtung Corcovado frei.

Rio de Janeiro mit Corcovado und Cristo Redentor / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Besuch auf dem Corcovado mit Cristo Redentor

Nach dem Mittagessen wird zügig der Corcovado angesteuert. Da viele Hauptstraßen aufgrund des Karnevals bereits gesperrt sind, dauert die Fahrt dorthin knapp eine Stunde. Mehr und mehr ist zu erkennen, wie Cristo Redentor sich hinter dichten Wolken versteckt. Vor wenigen Minuten hat Cristo Redentor noch seine Arme segnend auf dem 704m hohen Corcovado-Berg (deutsch der „Bucklige“) über der Stadt ausgebreitet. Die gigantische, aus Stahlbeton und Speckstein gefertigte Statue ist 30 Meter hoch und steht auf einem 8 Meter hohen Sockel, in dem sich eine Kapelle befindet. 2006 wurde das Monument zum Wallfahrtsort geweiht. Die Statue erreicht man mit einer Zahnradbahn auf direktem Wege. Die Zahnradbahn hält unterwegs einige Male. Theoretisch kann man dort zusteigen aber die jeweiligen Haltepunkte befinden sich in der Nähe einiger Favelas, die man jeweils durchqueren müsste. Davon ist aus den bereits genannten Gründen abzuraten. Die Fahrt mit der brandneuen und von einer Firma aus der Schweiz gelieferten Zahnradbahn dauert rund 20 Minuten.

An der Bergstation angekommen, führt eine Treppe mit 220 Stufen bis zum Gipfel. Seit 2003 gibt es neben der Treppe auch Panorama-Aufzüge und Rolltreppen, um die Aussichtsplattform bei der Statue zu erreichen.

Cristo Redentor gehört nicht nur zu den sieben neuen Weltwundern, sondern bietet zeitgleich einen atemberaubenden Ausblick – theoretisch! An sonnigen Tagen ist dieser Ort restlos überlaufen, nun ist unsere Gruppe fast alleine auf dem Corcovado und steht unterhalb des Sockels von Cristo Redentor. Die Sichtweite beträgt geschätzt ungefähr 10m, so dass nicht einmal Cristo Redentor vom Fuße des Sockels aus erkennbar ist. Die 30 Meter hohe Statue im Art-Déco-Stil stammt aus dem Jahre 1931. Sie wurde Vorbild für zahlreiche weitere große Christusstatuen.

Nebel auf dem Corcovado / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Nun, solche Tage gibt es auch und man kann die Wettersituation nicht ändern. Wieder an der Talstation der Zahnradbahn angekommen, rückt bereits das Ende des großen Ganztagsausflugs näher. Es schüttet inzwischen wie aus Eimern. Vom Zauber Rios ist nichts mehr zu erkennen, die Straßen stehen in wenigen Minuten völlig unter Wasser. Nach der Rückkehr am Hafen hört es noch immer nicht auf zu regnen und die Prognosen für den Abend sehen nicht besser aus. Fällt tatsächlich auch unser Schnupperabend beim Karneval in Rio ins Wasser? Das wäre noch viel trauriger als auf dem Corcovado im Nebel zu stehen. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, die größte Karnevalsparty der Welt aus allernächster Nähe zu bestaunen und im Sambódromo zu stehen, welches eigens für den Wettbewerb der größten und beliebtesten Sambaschulen gebaut wurde?!

Karneval in Rio – die größte Karnevalsparty der Welt

Der ausgelassene Karneval mit Festwagen, schillernden Kostümen und Sambatänzern gilt als größte Feier dieser Art weltweit. Bei Abfahrt des Busses am Hafenterminal um 21:30 Uhr regnet es weiterhin unaufhaltsam. Inzwischen stehen viele Stadtteile völlig unter Wasser. Die Abwasserkanäle können die vielen Wassermassen nicht mehr ableiten. Es scheint fast hoffnungslos, dass der Regen heute Abend noch einmal aufhört. Doch der Bus hat gerade vor Sektor 9 am Sambódromo angehalten, jener Tribüne, für die ich eine der begehrten Karten in der Hand halte, da hört es auf zu regnen. Der Platz und die Sicht auf die Tribünen sowie die Laufstrecke der Parade ist wunderbar. In Windeseile eilt ein Reinigungstrupp durch das unvorstellbar große Sambodrom und trocknet den Laufweg für die bereits in Warteposition stehenden Parade der Sambaschulen. Was für den karnevalserprobten Mitteleuropäer einfach schillernd und unvorstellbar groß erscheint, hat insbesondere in Rio eine jahrzehntelange Tradition.

Karneval im Sambodrom von Rio de Janeiro / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Mit etwas Verspätung wird der Karneval 2020 in Rio de Janeiro eröffnet. Die Stadtverwaltung übergibt König Momo, der Symbolfigur des Karnevals, einen übergroßen Schlüssel. In blauem Kostüm mit „Rei Momo“-Schärpe, begleitet von der Karnevalskönigin und zwei Prinzessinnen, erklärt er den Karneval für eröffnet.

Bürgermeister Marcelo Crivella und Präsident Jair Bolsonaro gegen den Karneval

Der Karneval wurde das erste Mal im Jahre 1840 gefeiert. Damals wurden Polka und Walzer getanzt, der Samba kam erst 1917 durch den Einfluss afrikanisch-stämmiger Brasilianer hinzu. In jüngster Zeit ist der Karneval den zunehmenden Anfeindungen radikaler, fundamentalistischer Christen ausgesetzt. Angesprochen werden Homosexualität, Diversität, Umweltschutz, Kunst und auch die in Brasilien stark ausgeprägte Gewalt gegen Frauen.

Insbesondere in diesem Jahr wird das farbenfrohe und ausgelassene Spektakel begleitet vom Streit mit dem ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro, der die brasilianische Bevölkerung bereits tief gespalten hat. Er attackiert die eben genannten Themen, die im Karneval aufgegriffen werden. Aber nicht nur der Präsident Brasiliens, auch der Bürgermeister von Rio de Janeiro, Marcelo Crivella ist ebenso ein Gegner des Karnevals. Seit Crivella am 1. Januar 2017 als Nachfolger von Eduardo Paes hervorging, zeigte er offen seine ablehnende Haltung zum dortigen Karneval, den er als „Unchristlichen Exzess“ bezeichnet. Er bleibt dem Karneval fern und strich erstmals im Jahr 2020 sämtliche Zuschüsse (umgerechnet 5,8 Millionen Euro) für die insgesamt 13 Sambaschulen. Für sie ein Grund mehr, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Immerhin erhält eine der größten Feiern der Welt eine immense, mediale Aufmerksamkeit. Crivella ist zugleich Bischof einer der größten evangelikalen Gemeinden Brasiliens.

Rio de Janeiro Karneval im Sambodrom / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Crivella vertritt eine evangelikal-fundamentalistische Interpretation der Bibel. In einem Buch bezeichnet er Homosexualität als „schreckliches Übel“ und Katholiken als dämonisch.

Jede Escola de Samba (Sambaschule) wählt jährlich ein bestimmtes Thema, entsprechend werden dann die Festwagen dekoriert und die Kostüme darauf abgestimmt. Danach werden Einzelheiten wie Rhythmus, Choreografie, Präsentation, Zusammenspiel der Gruppe usw. abgestimmt. Die meisten der wunderschön kostümierten Könige, Königinnen, Prinzessinnen und Baianas haben das ganze Jahr über hart gearbeitet, um sich die Kostüme leisten zu können, die sie hier nur für wenige Stunden voller Stolz tragen. Wie gesagt ist der Karneval in diesem Jahr sehr politisch orientiert und man darf hoffen, dass sich die Wogen zwischen der Bevölkerung und der Regierung nicht mehr und mehr aufschaukeln.

Die Reihenfolge und Bewertung

An insgesamt drei Tagen konkurrieren auch an diesem Wochenende die Karnevalsschulen um den begehrten Titel als bester Karnevalsverein. Organisiert wird der Karneval vom Tourismusbüro der Stadt in Zusammenarbeit mit der Liga der Sambaschulen in Rio de Janeiro. Die Reihenfolge der einzelnen Paraden der Grupo Especial wird durch das Los bestimmt, es treten Karnevalssonntag und –Montag jeweils 6 Sambaschulen auf. Jede dieser Escolas tritt mit 3.000 bis 5.000 Teilnehmern an, aufgeteilt in bis zu 40 Gruppen mit 5 bis 8 Festzugswagen. Diese sind aus Sicherheitsgründen nicht motorisiert. Jede Gruppe hat genau 120 Minuten Zeit für ihre Parade. Ein Überschreiten, aber auch ein Unterschreiten dieses Zeitlimits kostet sie wertvolle Punkte. Es gibt insgesamt 10 Bewertungskategorien mit jeweils 4 Punktrichtern – insgesamt also 40 Punktrichter. Am Aschermittwoch findet dann die Punkteauszählung statt, die in allen TV-Kanälen im Land übertragen wird. Die Siegesfeier im Anschluss gleicht dem Sieg bei einer Fussball-Weltmeisterschaft. Ein großes Feuerwerk beendet die jeweilige Karnevalssaison des Jahres.

Umzugswagen beim Karneval in Rio im Sambodrom / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Daten zum Sambodromo

Im Sambódromo von Rio de Janeiro finden 88.500 Zuschauer Platz. Es wurde im Jahr 1984 erbaut. Die Länge der Paradestrecke beträgt 700 Meter. Die Paraden dauern pro Festtag jeweils etwa 10 Stunden und laufen die gesamte Nacht hindurch.

Diese Zeit haben wir leider nicht, denn um 02:00 Uhr nimmt die MS Hamburg bereits Kurs auf den nächsten Hafen, Recife. Es liegen 1.090 Seemeilen bzw. 2.019 Kilometer vor uns.

Mein Fazit zu Rio

Die Stadt in Südamerika hat zweifelsfrei sehr viele Schattenseiten und ja, sie ist auch gefährlich. Zumindest dann, wenn man sich mit Wertgegenständen jeglicher Art offen auf den Straßen blicken lässt. Wer in Rio gerne zeigt, was er hat, wird sicher deutlich eher in den Fokus krimineller Banden geraten als jemand, der die pulsierende Metropole am Atlantik im „Schlabberlook“ genießt. In Rio spielt es keine Rolle, wie man aussieht und ob man Markenkleidung trägt oder nicht. Die Luxushotels an der Copacabana suggerieren zwar weiterhin den glamourösen Luxus und Reichtum der 1930er Jahre, doch der ist definitiv verflogen. Nicht verflogen ist der unvergleichbare Charme dieser Stadt. Die Copacabana entlang zu spazieren ist einfach „schick“ und die Promenade Avenida Atlântica bietet darüber hinaus eine wunderbare Möglichkeit zum Flanieren. Rio ist mitreißend, Rio ist hip und Rio ist ein Sehnsuchtsort. Man muss nur länger als einen Tag in Rio verbringen, um dem ganz besonderen Charme von Rio zu verfallen. Weiße Sandstrände, Palmen, wunderschöne Kirchen, historische Gebäude, renommierte Museen, luxuriöse Shopping-Meilen, Caipirinhas, schöne Menschen, ein mitreißendes Nachtleben, brasilianische Lebensart und beispiellose Karnevalsparaden. Ja, all das und noch viel mehr macht Rio de Janeiro aus!

  • Gesamte Bildergalerie des heutigen Tages aus Rio de Janeiro <<Link>>

Wie geht es weiter?

An dieser Stelle schließe ich den dritten Teil meines Reiseberichts „Chilenische Fjorde und Karneval in Rio mit der MS Hamburg“. Der weitere Verlauf der Kreuzfahrt ist noch einmal sehr abwechslungsreich. Er bietet einen Mix in Form erholsamer Seetage und spannende Häfen in Brasilien und auf den Kapverden. 

Fortsetzung in Reisebericht Teil 4

Oliver Asmussen
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